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erne schmücken HiFi-Entwickler
sich mit protzigen Prestigeobjek-
ten. Dann kann’s kaum üppig,
blitzend und teuer genug sein. Wie man
dagegen mit betont schlichten wie güns-
tigen Geräten groß ‘rauskommt, hat Nor-
bert Lehmann gezeigt. Der gebürtige Ost-
westfale, der heute mit seiner Firma in
Bergisch Gladbach ansässig ist, liebt eher
das Kleine, Feine, Sachliche - vielleicht
sogar das Unauffällige. Dennoch werden
seine Phono- und Kopfliörerverstärker
allerorten beachtet, und sie sind fester Be-
standteil der HiFi-Szene.
Wer von seinen geradlinigen, sauber
durchdachten, ja fast nüchternen und frei
von jeglicher aufgesetzten „Philosophie“
konstruierten Mini-Amps direkt auf die
Person Norbert Lehmann rückschließt,
tut ihm Unrecht. Als Jugendlicher hatte
Lehmann Klavierstunden, er spielte Gi-
tarre in der Schulband, machte Rockmu-
sik und entschied sich schließlich zu ei-
nem Toningenieurstudium. Die musika-
lische
Aufnahmeprüfung schaffte
er
problemlos. Die bei näherem Hinsehen
gar nicht so trockene Naturwissenschaft
erarbeitete sich der damalige Rheinlän-
der dagegen vergleichsweise spät.
Untergrund vs. Professionalität
Denn während des Studiums fand Leh-
mann „mehr und mehr den Draht zur
Hardware“. Bereits 1988, noch während
der Ausbildung, meldete er seine Firma
an. Das erste Produkt war ein Ansteck-
mikrofon für Musiker. Doch da war sein
Interesse für Phonovorstufen längst ge-
weckt. In direkten Vergleichen hatte der
Liebhaber aller Arten von Musik festge-
stellt, dass Plattenspieler ähnlich teuren
CD-Pendants klanglich überlegen waren.
Und so misstraute er der allgemeinen
Überzeugung, dass es mit „Analog“ bald
vorbei sein würde. Im Zuge dieses Main-
streams beobachtete Lehmann, dass im-
mer mehr Verstärkern der zur Aufberei-
tung von Tonabnehmersignalen notwen-
dige Entzerrer/Vorverstärker fehlte be-
ziehungsweise - fast noch schlimmer -
die Hersteller klanglich unzureichende
Phonostufen einsetzten.
Der in ein einfaches Gehäuse verbaute
„Black Cube“, der Anfang der 90er den
Nimbus von Lehmannaudio begründete,
war als Lösung für beide (Not-)Fälle ge-
dacht: ein schwarzes, erschwingliches
Kistchen, das „das Beste fürs Geld“ sein
sollte. „Und natürlich musste irgendeine
Büchse drumherum.“ Die sollte mehr ih-
»Ein Kopfhörer
erzeugt den Klang
dicht am Ohr.
Deshalb muss der
Verstärker ganz
besonders verzer-
rungsarm sein!«
• Geburtsort:
Paderborn
• Hobbies:
Reisen, Fotografie
• Ausbildung:
Dipl. Ing. Ton- und
Bildtechnik (Toningenieur)
• Lieblingsküche:
Französisch in
--- belgischer Manier
• Lebensmotto:
Den Kunden
nichts anbieten, was man nicht
auch selbst kaufen würde
Um zu wissen, was er tat, tauchte Leh-
mann tief in die Technik ein und konsta-
tiert heute: „Es gibt keine Entschuldigung
für schlechte Messwerte.“ Zudem konn-
te der Entwickler „so jede Verbesserung
sehen“, Korrelationen zwischen Daten
und Höreindrücken erforschen. Es bilde-
te sich jenes audiophil-technische Be-
wusstsein heraus, das anspruchsvolle Ent-
wickler auszeichnet. Ein Prozess, der nie
endet - auch nicht bei Norbert Lehmann.
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rer Funktion folgen als schmücken und
fiel deshalb entsprechend schlicht aus.
Lehmann setzt überhaupt konsequent
aufs Motto „mehr Sein als Schein“. Ver-
suche - wie beim Top-Kopfhörer-Amp
Linear SE (im großen Bild links) -, mit-
tels Furnieroberftächen eine reizvollere
Anmutung zu erzeugen, sind erst in jün-
gerer Zeit zu beobachten.
Das damalige Inkrafttreten der CE-Be-
stimmungen stellte Lehmann vor die Ent-
scheidung, entweder „in den hifidelen
Untergrund zu gehen oder Geräte in Auf-
lagen zu fertigen, die die Prüfkosten wie-
der einspielen“. Die Qualität musste
natürlich ebenfalls stimmen.
Mit Nischenprodukten im Trend
Der erkannte etwa bald den Stellenwert
einer kräftigen Stromversorgung oder die
Notwendigkeit einer besonderen Verzer-
rungsarmut bei Kopfhörerverstärkern,
dem zweiten Standbein von Lehmannau-
dio. Denn hier zeigten sich ähnliche Ten-
denzen wie im Phonobereich: Eine zu-
nehmende Zahl von Vor- und Vollver-
stärkern verzichtet auf die einstmals
selbstverständliche Anschlussbuchse oder
bietet hier nur eingeschränkte Qualität.
Wie beim Phonovorver-
stärker besetzt Lehmann
die Nische. Und hat einmal
Qualität auf engem Raum. Im Phono-
Amp Black Cube Statement (um 350
Euro) liegen Ein- und Ausgänge
einander gegenüber. Das hält
die Signalwege kurz. DIP-
Schalter Bänke erlauben
eine Anpassung (u.)
3/2012 STEREO 29